Unterwegs in Südungarn
- Donauschwaben
- 17. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Sept.
Wo die Donauschwaben ihre Spuren hinterließen – und wir ihnen folgten
In der Sommerpause machten sich Bianca Groß, stellvertretende Vorsitzende des Kulturzentrums Haus der Donauschwaben Bayern, und Gaby Schilcher
auf den Weg nach Südungarn – in die Heimat von Biancas Vorfahren. Sechs Tage lang folgten sie den Spuren der Donauschwaben, einer Gemeinschaft, die trotz Vertreibung und Umbrüchen ihre Kultur bewahrt hat und sie bis heute mit Stolz weiterträgt.
Der Auftakt führte nach Baja, wo der Weltdachverband der Donauschwaben ein Welttreffen veranstaltete. Dort erkundeten sie gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter der Leitung von József Emmert den Landeslehrpfad auf dem Gelände des ungarndeutschen Bildungszentrums, der Geschichte und Kultur anschaulich darstellt. Ein gemeinsamer Abend mit Gesang und Tanz machte spürbar, dass Traditionen hier nicht nur bewahrt, sondern lebendig gefeiert werden.
Besonders eindrucksvoll war der Besuch in Geresdlak. In mehreren Häusern zeigte die deutsche Gemeinde verschiedene Aspekte ihrer Vergangenheit: das Heimatmuseum mit Alltagsgegenständen, eine Puppenausstellung in Miniaturtrachten und das Haus der Handarbeiten mit Weben, Sticken und Klöppeln. Auch das Tragen des traditionellen Babytuchs konnte Bianca selbst ausprobieren – eine ebenso praktische wie alte Tradition. Die Ausstellung zu Kopftüchern und Halstüchern zeigte zudem, wie eng Kleidung mit Identität verbunden war.
In Palotabozsok, dem Heimatdorf von Biancas Großeltern, bekam die Reise eine sehr persönliche Note. Maria, eine Verwandte, und die Schneiderin Valéria halfen dabei, eine maßgeschneiderte Tracht anzulegen. Schicht für Schicht entstand das Bild der festlichen Kleidung – vom Hemd über die voluminösen Röcke bis hin zu den bestickten Patschker. Als Bianca schließlich in vollständiger Tracht da stand, war es ein Moment voller Stolz und Freude, der eine direkte Verbindung zu ihrer Familiengeschichte herstellte. Weiter ging es in das Heimatmuseum von Palotabozsok, das uns einen authentischen Eindruck vom Leben der Ungarndeutschen in der Gemeinde vermittelte. Hier gab es nicht nur Exponate zu sehen, sondern auch Geschichten und Lieder in der wunderbaren Mundart zu hören, die tief in die Vergangenheit der deutschen Boschoker eintauchen ließen. Die vielen liebevollen Details der Sammlung zeigten, wie das Leben hier einst aussah und wie die Traditionen bis heute gepflegt werden.
Auch in Bonyhád stand die Tracht im Mittelpunkt. Begrüßt wurden die Reisenden von Ilona Köhlérne Koch, Präsidentin der deutschen Selbstverwaltung, sowie Dr. Gabriella Sós und Andreas Kolbert von der Stiftung Deutsches Institut. Das Heimatmuseum beherbergt eine einzigartige Sammlung der Patschker, jener kunstvoll bestickten Schuhe, die einst in vielen Gemeinden ein Erkennungszeichen der deutschen Minderheit waren. Jede Farbe und jedes Muster ist einer Region zuzuordnen – eine faszinierende Dokumentation der Handwerkskunst.
In Berkenye öffnete das Heimathaus seine Türen. Veronika German und Anna Gill führten durch die Ausstellung, der Bürgermeister betonte die Bedeutung der Pflege der Wurzeln. Die dortigen Trachten, besonders die blauen Strümpfe der Frauen als Zeichen der Verbundenheit zur Muttergottes, unterstrichen die Besonderheiten der Region. Zum Abschied überreichte Anna Gill eine traditionell gekleidete Puppe, die nun im Museum in Haar einen Ehrenplatz erhält.
In Pilisszentiván empfing Bürgermeister Erik Richolm die Gäste. Gemeinsam mit Veronika German und Dr. Maria Mirk ging es weiter auf den ungarndeutschen Lehrpfad und zu einem beeindruckenden Denkmal, das anlässlich der 300-jährigen Ansiedlungsgeschichte der Deutschen im letzten Jahr feierlich enthüllt wurde. Ein Bergbaumuseum zeigte eindrucksvoll, wie dieser Wirtschaftszweig das Dorf über Jahrhunderte prägte.
Den Abschluss der Reise bildete Budaörs mit dem Jakob Bleyer Heimatmuseum. Dort führte die Leiterin Katalin Bachmann durch die Ausstellung, die Möbel, Trachten und Alltagsgegenstände aus dem Leben der Donauschwaben präsentiert. Besonders bewegend war der Besuch der Landesgedenkstätte zur Vertreibung der Ungarndeutschen „Geschlossenes Tor“, das an die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert. Das verschlossene Tor symbolisiert die abgeschnittenen Lebenswege, zugleich aber auch den Zusammenhalt einer Gemeinschaft, die ihre Kultur bis heute bewahrt.
So endete eine Reise, die sieben Orte, unzählige Geschichten und viele Begegnungen umfasste. Sie zeigte eindrucksvoll, wie die Ungarndeutschen Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden. Für das Haus der Donauschwaben Bayern bleibt diese Fahrt ein Geschenk – und die neue Tracht ein sichtbares Zeichen lebendiger Tradition.
Von Bianca Groß und Gabriele Schilcher










































